2017-05-15

Protipp

Wenn man die allerletzte Nadel beim ersten Tragen des selbstgenähten Rockes raus nimmt, piekt es gleich deutlich weniger.

2017-05-14

Neues Lieblingsfastfood



Der Flug nach Bari, unserem Zielflughafen, wurde vom Reisebüro mit ryanair gebucht. Direktflug ab Berlin-Schönefeld. Eine Stunde und fünfzig Minuten Flugzeit. Die reizende I., die gemeinsam mit mir nach Apulien eingeladen worden war, und ich verzichteten auf die … äh – kann man das Verpflegung überhaupt nennen? – Bordverpflegung, wir kauften auch keine Erfrischungsgetränke in kleinen Dosen für große Preise, kein Parfum und Lotterielose für dubiose ryanair-Kinderhilfswerke (hä?) wollten wir auch nicht kaufen.

Dann landeten wir auf dem Flughafen in Bari, der direkt neben dem Gate-Ausgang eine sündhaft nach gutem Kaffee duftende Bar beherbergt, die uns leicht die Sinne rauben wollte. Da wir aber den auf uns wartenden Fahrer nicht gleich in Verlegenheit bringen wollten, stiegen wir erst einmal ins Auto und fuhren los, während I. – der melodischen italienischen Sprache perfekt zu sprechen fähig – dem Fahrer auftrug, uns doch bitte unterwegs einen kleinen Caffè trinken zu lassen. Wir überließen ihm zu entscheiden, wo es wohl den besseren Caffè seiner Sorte unterwegs gab und so fuhr er auf eine kleine Tankstelle (Autobahnen, Rastplätze wirkten in Apulien auf mich im Vergleich zu der deutschen Alternative irgendwie sehr klein und sehr niedlich) in deren Zeitungsregal ein Tokio Hotel-Fanheft seit 2010 auf seinen Käufer wartet.



Aus dem Caffè wurde dann aber ein alkoholfreier Aperitif mit zwei Stücken gedeckter Blätterteigpizza, die uns in der Auslage anlächelte. Kurz warm gemacht. Perfekt.

Und das war genau die richtige Entscheidung, denn da wir direkt vom Hotel zum erstem Programmpunkt, einer Museumseröffnung, gefahren wurden – wir waren die letzten der ganzen Truppe, die anreisten, und daher fand das erste gemeinsame Mittagessen zwangsläufig ohne uns statt, hatten wir noch einige Stunden zum Abendessen, das dann irgendwann gegen 22:00 Uhr serviert wurde, zu überbrücken.

Diese Flachpastete war ein sehr feines Stück Fastfood: Doppelter Blätterteig gefüllt mit gekochtem Schinken und Käse, gut gewürzt. Genau richtig. Und erstaunlich schmackhaft.

Genau diese habe ich heute erstmals versucht nach zu basteln. Ich kaufte gestern eine Rolle Blätterteig, etwas gekochten Schinken und einige Scheiben mittelalten Gouda. Heute schnitt ich aus dem Blätterteig (für eine Person) mit einem Frühstückseller zwei runde Teigplatten aus, belegte die eine mit ihren Rundungen angepasste Schinken, dann Käse, ließ dabei ca. einen Zentimeter Rand frei, bestäubte alles mit etwas Pfeffer, bestrich die Ränder mit Ei und legte die zweite Rundung oben auf. Über das Gebilde legte ich etwas Backpapier und rollte das Ganze etwas flach – der besseren Haftung zuliebe, bestrich die Decke auch mit Ei und stach mit einem Holzstab kleine Löcher in den Teig. Diese kleine Blätterteigplatte wanderte dann auf die mittlere Platte für ca. zwanzig Minuten in den bei 200 Grad Celsius aufgeheizten Backofen. Meiner kann ja nur Ober- und Unterhitze (wobei Umluft der unteren Platte sicherlich besser tun würde). Et voilà:



Dazu ein frühsommerlicher Salat mit Granatapfelkernen und Melonenstückchen und Vinaigrette mit Cranberry-Essig. Habe ich sehr bestimmt nicht mein letztes Mal gemacht.

Aldi-Kassierer …

… (wir sind mittlerweile beim „Du” angekommen) wünschte mir gestern einen schönen Muttertag.

Man kann also dieses Level erreichen ohne jahrelang diese ganzen Windelmatsch-, Schlafentzug- und Pubertätshighlights-Ebenen durchzuspielen.

2017-05-10

An diesem Mai …

… ist gar nicht alles schlecht.



Schließlich können wir, hat man für das Abendessen doch ein wenig zu viel Essen produziert, den Balkon praktisch als Kühlschrank benutzen bei diesen Temperaturen. Ein Service, von dem könnte sich so mancher November hierzulande eine vortreffliche Dienstleistungsscheibe abschneiden.

2017-05-06

Kindernähen

Neulich mit dem Nachbarskind genäht. Also mit ihr das erste Mal. Sie möchte nämlich nähen und wünschte sich dementsprechend eine Kindernähmaschine. Zu der ich der Mutter (die ihr zum gestrigen Geburtstag eine schenken wollte) allerdings erst einmal abriet, nachdem ich neulich an so einem 40-Euro-Ding von rossmann saß, dass nach dem ersten Reißverschluss gleich den Geist aufgegeben hatte – und wir die Nähmaschine auch nicht mehr zum Leben erwecken konnten. Was für ein Schrott. Wirklich! Mich ärgert das, weil da soviel Ressourcen drauf gehen, wenn man so einen Müll produziert. Und wir leben in einer zugemüllten Welt in der wir uns das längst nicht mehr leisten können!

Also bei allem Verständnis – aber dann kann man wirklich 60,– Euro drauf legen und schon mal eine halbwegs echte Nähmaschine kaufen. Vorausgesetzt natürlich, das Kind kommt an die Bedienelemente.

Die Lütte ist gestern acht Jahre alt geworden. Und so trug ich meine Maschine rüber, weil sie natürlich einen Kinderschreibtisch und -stuhl hat und das hatte ich im Vorfeld schon überlegt, könnte sinnvoller sein es an ihrem Tisch zu versuchen als bei mir, wo alles auf Erwachsenenlevel spielt.

Ich habe sie dann die üblichen ersten Übungen nähen lassen: Linien, Muster, Kreise, am Anfang und ende verriegeln und schön die Nadel im Stoff lassen und den Fuß heben und senken, damit sie den Stoff drehen kann. Was auch reichte für den Anfang nach einem Schultag und – das muss ich ihr lassen, was sie wirklich toll hinbekommen hatte für das erste Mal. Die Kreise bzw. Schnecke hat sie deutlich besser genäht als ich bei meinem ersten Mal – als Erwachsene.

Und sie war so stolz, dass sie wohl das Stück Stoff gestern mit in die Schule genommen hatte, um es ihren Mitschülern zu zeigen. Fazit: mit acht Jahren kann man sie wirklich problemlos an eine Nähmaschine für Erwachsene setzen. Es kann eine einfache sein, so viel Klimbim brauchen sie nun wirklich nicht zu Beginn. Aber wichtig ist, dass die Kinder schnelle Erfolgserlebnisse haben und die Nähmaschine auch anfangs etwas groberes Handeln verzeiht.

Kindliche Begeisterung, vielleicht mit eines der schönsten Dinge auf dieser Welt.

2017-05-05

Apulien, die Zweite – die Dune Costiere im Salento!

Ach. Und hach.





Dieser Salento liegt nun im südlichstens Zipfel von diesem Italien und hält Hof zwischen den beiden Meeren, einerseits der Adria, und auf der anderen Seite dem Ionischen Meer. Architektonisch findet man hier viel Einfluss der Griechen.



Ganze neun Naturreservate mit riesigem Ausmaß laden den Besucher ein, die Natur, das Leben und urzeitliche Phänomene dieses besonderen Platzes an der Sonne kennenzulernen. Ob zu Fuß, hoch zu Ross oder auf auf dem anderen Sattel, dem vom Fahrrad – hier und da verirrt sich auch eine Bushaltestelle.



Wir waren eingeladen einen – natürlich mangels Zeit – eher kleinen Teil des insgesamt 1100 Hektar großen Parco naturale regionale Dune costiere da Torre Canne a Torre San Leonardo zu besichtigen, kurz die Düne Costiere, die sich acht Kilometer entlang der Küste des adriatischen Meeres zieht und auf einen reichen Schatz an prähistorischen Grotten, einer riesengroße Fläche von über 1000 Jahre alten Olivenbäumen mit diversen unterirdischen Olivenölmühlen und vor allem Gutshöfen auf denen 40  Agrarproduzenten, die nach rein ökologischen Vorbildern der früheren Zeit regionales Obst, Gemüse, Olivenöl, Käse und Fleisch produzieren. Auch zu besichtigen auf dem Gebiet, der Dolmen von Montalbano, ein prähistorischer Megalith, ein (höchst wahrscheinlich) Opferaltar für Beerdigungsrituale und datiert auf die Bronzezeit.



Die Bauern halten hier bzw. wieder urprüngliche Kuhsorten wie die Podolische Kuh, die sich gerne von den wildwachsenden Kräutern wie Thymian ernährt und dementsprechend würzige Milch gibt oder das schwarzköpfige Schaf, das sich mit seiner Gesichtsfärbung den Sonnenverhältnissen dieser Gegend angepasst hat und die Zuwege zwischen den Olivenbäumen oder Weinreben frei frisst. Auch wird wieder die ursprünglich in dieser Gegen wachsende Hartweizensorte Senatore Cappelli angebaut, die als Bio-Mehl Furore macht. Besondere ursprüngliche Feigen mit riesigen Früchten wachsen hier, die zwei Mal im Jahr Früchte tragen. Apulien trägt den Namen „Garten Italiens” mehr als zu Recht.





An der Küste arbeitet man täglich daran, wenigstens einen Streifen Strand und das Meer in seiner Ursprünglichkeit zu erhalten.



Während auf Höhe der Torre Canne Campingplätze und seine Bewohner die Strände für sich einnehmen, soll an dem Küstenstück bis zur Torre San Leonarde der Massentourismus der Halbinsel nicht sein Gesicht aufdrücken. Dieser Lebensraum wird für Fische, Vögel und Fauna nachhaltig geschützt und erhalten, ohne dabei den Tourismus gänzlich ausschließen. Gemeinsam mit den Besuchern wird hier sanft gestaltet, wie in früheren Jahrhunderten in Workshops produziert und sind die Besucher eingeladen mitzumachen. Sie lernen u.a. Käse zu machen, aus dem Mehl des Senatore Cappelli-Weizends Pasta selbst zuzubereiten. Und speziell für Bike-Touristen werden in ursprünglichen Gemäuern Zimmer bereitgestellt, um ihnen die Tagestouren durch das Gebiet der Dune Costiere zu ermöglichen.



Ein großer Teil der Fauna unterhalb des Meeresspiegels besteht aus den Seegraswiesen des Neptungrases, das unverzichtbar ist im Kampf gegen die Erosion der Düne – zudem ist ein Filter des Wassers und schützt die Meere vor Überdüngung. Solange es überhaupt noch in diesen existieren kann.





Alarmglocken läuten hier überall: ein sehr großes Problem im Kampf zum Erhalt dieser Düne ist beispielsweise der Plastikmüll, der täglich vom Meer an Land gespült wird.



Der Mensch muss eingreifen und den Müll einsammeln, aber eben mit dieser regelmäßigen Begehung dieses Streifens Natur – eigentlich zu ihrem Schutz – wiederum zerstört der Mensch auch deren Fauna.



Rettung ist hier Eingriff in die Natur, ein Teufelskreis.



Die Grundmauern der Fischfarm an der Küste, die wir besichtigten, lassen sich zurück datieren auf das 13. Jahrhundert, als an der Mündung des Flusses Morelli mit seinem (heute noch) Feuchtbiotop,





hier und dort von Salzseen unterbrochen – Fische gefangen und verkauft wurden.



Die Anlage wurde im Jahr 2009 wieder eröffnet, die uralten Becken dienen heute jedoch vorrangig dem organischem Schutz der Fischarten. So werden zur Laichzeit der Seeaale die Weibchen separiert und in Becken zurück behalten, um den Aal-Bestand zu schützen. Fischen darf man Aale hier nur noch vom Boot aus im Dezember in Reusen – aber in dieser kurzen Zeit des Jahres sind die Touristen dann wieder eingeladen mitzumachen.



Die Botanik, so wie ich sie jetzt in den kurzen Stunden erleben durfte, ist dort unglaublich. Da wächst ein riesiger und uralter Wacholderbaum am Strand mit sechs Stämmen in der Düne,







… der seine Existenz dort bereits mehrere hundert Jahre vorhält. Ein unglaubliches Erlebnis in so so einem Stück Baum und zugleich geschichtlicher Kultur stehen zu können. Es fiel uns allen schwer sich von diesem Stück Natur zu trennen.







Überall wachsen und blühen jetzt schon Blumen satt,



Thymiansträucher duften, kleinste Orchideen leuchten und Malven künden vom Sommer. Ein traumhafter einnehmender Fleck Erde, von dem ich auch nur lediglich einen Bruchteil erst sehen durfte und um dessen Erhalt es sich zu kämpfen lohnt!




Apulien, die Erste: Ostuni

Disclosure: Drei Tage durfte ich auf Einladung von Carmen Mancarella (Chefredakteurin Spiagge, Kultur- und Tourismusmagazin Apuliens), Tourismusagentur Pamela Piaggi und dem Grand Hotel Masseria Santa Lucia Gast sein im Salento, um erstmals Apulien und seine Menschen kennenlernen. Und erlaube mir nun Euch mitzunehmen auf meine (viel) zu kurze Reise.

2017-05-03

Dinge machen

Vorgestern idealerweise Mails von zwei Accounts komplett gelöscht. (Ja, es gibt ein Backup aber keines der letzten Woche.)

Gestern biometrische Passfotos gemacht für Passanfertigungstermin in x-vielen Wochen, weil sich Berlin zu Tode verwaltet.

Für einen Termin, dessen Mail mir gerade s.o. abhanden gekommen ist, weil ich, als ich ihn im Kalender eintragen wollte, irgendwie abgelenkt worden bin, durch einen anderen Termin, auf den ich aufmerksam gemacht wurde als ich das Programm öffnete, den ich gar nicht mehr auf dem Plan hatte und mich leichte Panik … (ich weiß, ich bin nicht alleine.)

Letzte Woche endlich einen Termin gemacht und heute Fahrrad zum Service gebracht, neue Bremsbacken hinten und vorne. Die letzten Gummis habe ich bei denen aufziehen lassen, da wohnte ich noch unter der alten Adresse. Die haben also sehr, sehr, sehr lange gehalten. Unfassbar unglaublich lange. Ich fahre ja nun nicht so wenig Rad.

Direkt um die Ecke zum Friseur gegangen. Lieblingshaarschneiderin nicht da. Ersatzschneider hat erstaunlich gut geschnitten. Kleiner Mann – so eindreiviertel Jahre – mit tollen Locken hat seinen ersten Haarschnitt bekommen. Undercut, Oberlocken durften bleiben. Alle, Mamma, Papa, Friseurin sehr aufgeregt. Er sehr lässig. Hat nur ein einziges Mal gelächelt. Draußen vor dem Laden als die Sonne schien und ich zu ihm sagte, er würde jetzt sehr schick aussehen.

Jetzt komme ich nicht zum frischen Kaffee, weil die Katze auf dem Schoß sitzt. Man kann nicht alles haben.

2017-05-02

Apulien, die Erste: Ostuni

Disclosure: Drei Tage durfte ich auf Einladung von Carmen Mancarella (Chefredakteurin Spiagge, Kultur- und Tourismusmagazin Apuliens), Tourismusagentur Pamela Piaggi und dem Grand Hotel Masseria Santa Lucia Gast sein im Salento, um erstmals Apulien und seine Menschen kennenlernen. Und erlaube mir nun Euch mitzunehmen auf meine (viel) zu kurze Reise.




Obwohl ich in den wenigen Tagen relativ häufig in Ostuni war, war ich viel zu wenig dort – das steht fest. La Città Bianca – die weiße Stadt – tatsächlich werden deren Bewohner bzw. Hausbesitzer von oberer Stelle genötigt, regelmäßig ihre Häuser weiß zu tünchen, damit die visuelle Linie den Namen weiterhin bestimmt, liegt knappe acht Kilometer vom Adriatischen Meer entfernt auf drei Hügeln, wobei der höchste Hügel in 229 Metern Höhe die Altstadt beherbergt. Archäologische Funde weisen eine erste Besiedlung dieser Gegend vor 30.000 Jahren nach. Ostuni selbst bildete sich kurz nach dem Niedergang des römischen Reiches und entwickelte sich munter unter der Regentschaft diverser Damen mit klangvollen Namen wie Isabella, die Herzogin von Bari – so heißt einer der Flughäfen der Region – und ihrer Tochter Bona Sforza.



Von der auf dem Gipfel des Hügels vor 1300 gebauten Burg stehen heute noch noch Reste des Fundamentes, zu sehen auf der Piazza della Liberta zu Fuße der Oronzo-Säule …



… aber die unter Bona Sforza gebauten Türme rund um die Stadtmauer, die Schutz vor den Türken vom Meer aus bieten sollten, stehen noch heute, wie auch die Stadtmauer noch Reste ihrer Vorgängerbauten ausweisen.

Keine Herrschaft unter der diese Stadt Ostuni nicht stand in den vielen Jahrtausenden ihrer Existenz: von den Römern zu den Ostgoten, von den Langobarden zu den Sarazenen, gefolgt von den Byzantinern zu den Normannen, danach kamen die Hohenstaufen, die Angevin-Franzosen und Aragonesen, denen die Bourbonen folgten. Alle hinterließen sie ihre Spuren – was diese Gegend Italiens so unglaublich spannend macht. Die meisten Beweise dieser Zeit, die in Ostuni heute noch sichtbar sind, lassen sich auf die Zeit zwischen 1400 und 1700 zurück datieren.





Die Bewohner Ostunis wurden zur Zeit der Pest weitestgehend von ihr verschont, natürlich schob man damals die Ursache Gottes Gnade in die Schuhe. Heute weiß man, dass die mit dem weißen Kalk getünchten Häuser – die der Stadt mit ihren engen Gassen etwas Licht abgeben sollten – offensichtlich gut durch den Kalk desinfiziert waren.



Mit dieser langen Geschichte ist klar: in Ostuni gibt es wirklich unfassbar viel zu entdecken (und zu fotografieren). Uns blieb bis auf eine knappe Stunde am Sonntagabend nur Zeit ein klein wenig auf eigene Faust durch die Gassen zu laufen, wo die Stadt im Gegensatz zum Zentrum der Altstadt rund um die Kathedrale und das Il Museo delle Civiltà Preclassiche di Ostuni sehr umtriebig und typisch italienisch laut ist,



eher leise und beschaulich daher kommt, den Blick auf reizvolle kleine Häuser mit irrwitzigen schmalen Treppen und dem Hauch von extrem langer Historie erlaubt.





Leider stehen heute viele dieser Häuser heute leer und verfallen. Riesige Erbengemeinschaften machen die Zuteilung bzw. einen Verkauf nicht leicht. Auch die Restaurierung wird deutlich mehr Geld kosten, alleine das Heranschaffen von Baumaterialien stellt eine echte Herausforderung dar.





Die sehr sehr schmalen Gassen mit einer enormen Steigung sind, wenn überhaupt, allerhöchstens mit einer Piaggio Ape (der Biene), dem dreiräderigen Nachfolger der Vespa (Wespe) zu befahren.



Neuere Modelle dieser Ape, nun mit Sitzkomfort, fahren heute übrigens durch Ostuni als motorisierte Form der Rickscha, um Touristen die Stadt zu zeigen.



So ist der Zugang zu den Häusern über die teilweise sehr hohen Treppenstufen eher Menschen vorbehalten, die halbwegs jung geblieben sind. Sehr sicher kann man heute komfortabler wohnen. Nur ich war sehr froh, nach dem ich zwei Tage viel Zeit in einem Bus verbrachte, dass ich dort die Stufen der Gassen hoch und runter steigen durfte.



Möchte man ein Italien erleben, das man aus den schnulzigen Filme der 50iger Jahre kennt, jenes mit blauem Himmel, weißen Häusern, original italienischem Piaggio-Flair, italienischem Trubel und Lebenslust, dann ist Ostuni wohl eine der Adressen, wo man genau das alles finden wird. Okay, ich habe mich ein bisschen verguckt in diese Stadt. Ich würde gerne wieder kommen mit etwas mehr Zeit für die reiche historische Kultur, die vielen kleinen Läden, die italienische Delikatessen, den üblichen touristischen Fundus, aber eben auch Café, Eis und Antiquitäten feil halten.



Am Abend erlebt man auf den – zu dieser Jahreszeit – relativ ruhigen Straßen rund um die Stadtmauer mit Blick auf das Meer wunderschöne Sonnenuntergänge und kann verliebten jungen Paaren beim Küssen zusehen. Ostuni lässt einen selbst in die Kleider mit weit schwingenden Röcken und in Schuhe mit Pfennigsabsätzen (auch wenn sie durchaus bei diesen Straßen den Tod bringen könnten) träumen und in der Fantasie den Helden mit der Vespa vorfahren. Na gut, ich bleibe sachlich: Ostuni ist Romantik pur!


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Apulien, die Zweite: die Dune Costiere

2017-04-30

Marmellata di Peperoni

Ich bin so beseelt von den knapp drei Tagen Apulien, dass ich eigentlich nicht weiß, wo ich überall anfangen soll darüber zu bloggen. Fange ich also damit an, dass ich in der Küche stehe und eine wundervolle Marmellata die Peperoni – also Paprikamarmelade – zubereite.

Am Sonntag waren wir in der Masseria Il Frantoio zum Mittagessen eingeladen. Ein wundervoller Ort mit so viel Liebe gestaltet und mit genau dieser wurden wir auch empfangen, dass dieses Gut wirklich ein ganz eigenes Blogpost verdient. Mir fällt wirklich kaum ein anderes Wort dazu ein als Liebe.



Zum wundervollen Essen servierte man uns als erste Vorspeise „Pizelle col sughetto”. Wenngleich Pizelle üblicherweise mit einem Waffeleisen zubereitet werden, wurde uns eher etwas serviert, was man in Italien wohl regional unterschiedlich als Gnocco Fritto (Modena und Reggion Emilia), Crescentina (Bologna), Torta Fritta (Ferrara) oder Pinzino (Piacenza) bezeichnet – auf unserer Menükarte im Englischen als Fried Bread Pasta übersetzt worden ist. Luftige Hefeteigbällchen, frittiert und mit einer fruchtigen Tomatensauce serviert. Unverschämt gut (wie überhaupt alles, was wir an diesen Tagen zu Essen bekommen haben.)



Spätestens Sonntag hatte ich übrigens meine mitreisenden Kollegen soweit, dass dieses wundervolle Essen nach dem Servieren zunächst fotografiert gehört. Eine der anwesenden italienischen Journalistinnen erklärte mir dann, dass der Sughetto aus Tomaten zwar ganz lecker sei aber längst nicht so lecker wie ihr Rezept, das ihr von einer älteren Italienerin vermacht worden war für eine ähnliche Sauce – nur aus Paprika, also Marmellata di Peperoni. Graziella (der Name war bei dieser Person Programm) Seregni versprach mir den Link zu ihrem Blog zu senden, wo das Rezept zu finden sei und das tat sie liebenswerterweise diese Woche sofort. Woraufhin ich gestern direkt zum Markt tigerte, um mich mit roter Paprika satt einzudecken.



Graziella übrigens Mitte Sechzig war mit Abstand wohl die sportlichste aller Teilnehmer an dieser Reise. Fit wie ein Turnschuh, bezeichnete sie mich irgendwann als noch jung. Das fand ich dann doch sehr lustig, da aber auch in meinem Alter die Komplimente nicht mehr so häufig fallen, nahm ich es auf, nahm es mit und packte es in mein Herz. Und nun fließt es in die Marmellata. (Das kann nur mit dieser Liebe dieser besonderen Masseria zu tun haben, sie pflanzt sich fort!)


Marmellata di Peperoni

Zutaten

1,2 Kilo rote Paprika
250-300 g Zucker (was sehr sehr viel ist, ich habe mich mittlerweile auf 100 g Vanillezucker eingependelt.)
1 halber Teelöffel Zimt
1 halbe Vanilleschote (alternativ Vanillezucker nehmen)
1 Prise Salz
2-3 Esslöffel Balsamicoessig, laut Rezept darf es auch nur der echte di Modena sein – sonst lieber keinen Essig nehmen!
Saft einer halben Limette und den Abriebe einer ganzen Limette

Zum Schälen der Paprikahaut sollte man Gefrierbeutel bereit halten. Oder, so wie ich es tue, ein nasses Geschirrhandtuch.


Zubereitung



Die Paprika teilen, von Kernen und den inneren weißen Häuten befreien, dann im Ofen (oder Heißluftfriteuse) auf der obersten Schiene ca. 10-15 Minuten bei 200 Grad Celsius grillen bis die Haut schwarz wird bzw. Blasen wirft. Aus dem Ofen nehmen und in die Gefrierbeutel legen oder für einige Minuten unter das feuchte Küchentuch. Dann die Haut abziehen.



Die Paprika pürieren und in eine beschichtete Pfanne geben. Die Zutaten unterrühren und bei ganz kleiner Hitze über zweieinhalb Stunden reduzieren (sie sollte zu einer Crème eingekocht sein). In saubere mit heißem Wasser ausgespülte kleine Marmeladengläser heiß abfüllen, diese auf den Kopf stellen (bzw. Einkochgläser nehmen und im Ofen einkochen.)



Und diese Marmellata di Peperoni serviert man dann als Vorspeise zum Brot, Käse und Antipasti.

Anmerkung zum Rezept Ich habe auf dem Markt gut zweieinhalb Kilo Paprika eingekauft und diese heute geschält. Mir sind auch bei dieser doppelten Menge 250 Gramm Zucker definitiv zu viel und ich habe schon versucht mit etwas mehr Limonensaft gegen zu arbeiten. Also da solltet Ihr wirklich nach Gusto vorher etwas zurückhaltend sein mit der Menge und lieber später nachzuckern. Alle anderen Zutaten habe ich um die doppelte Menge erhöht. Und ich habe noch eine (entkernte) Chilischote reinpüriert für einen Hauch Schärfe. Die Schale der Limette habe ich ebenfalls abgerieben und mit einkochen lassen.