2017-09-29

Meine Musikliste zur Beerdigung

Man muss ja vorsorgen. Auf unterschiedlichen Ebenen. Und wenn man es auf der einen Ebene nicht so gut tun kann, sollte man es auf der anderen wenigstens tun. Zur Zeit bin ich an der Liste „Lieder für meine Beerdigung” dran. Also Status 2017. Man weiß ja nicht, was da noch kommt. Aber realistisch betrachtet sind in den letzten Jahren nur sehr wenige Lieder auf den Markt gekommen, die mich wirklich überzeugt haben. So wie zum Beispiel: … nein, mir fällt keines ein.

Nun denn, die bevorstehende Älterwerdung wirft mentale Schatten auf notwendige Auseinandersetzung und so überlege ich schon seit einiger Zeit hin und her, her und hin. Zeit das Dilemma vorab zu skripten:

Also auf alle Fälle sollte Elvis „Suspicious Minds” gespielt werden. Ich mag das Lied, mochte es schon immer – es zieht nicht so runter wie „Ghetto”, definitiv sein Song! Meine Eltern waren Rock 'n Roller, Elvis war ihr Held, er begleitete mich ihrerseits in meiner Kindheit sehr. „Suspicious Minds” haben Freunde auch auf der Abschiedsfeier meiner Mum gespielt, das war mir wichtig – und so schließe sich der familiäre Kreis bei meinem Abschied. Das wäre mir sehr wichtig.

Schwieriger ist's bei Abba. Ich bin Generation Abba. Ich liebe Abba heute immer noch, auch wenn sich mein Musikgeschmack sicherlich in andere Richtungen entwickelt hat, also mehr vom Pop weg. Aber die Lieder von Abba sind meine Lieder. Abba haben im Laufe ihres Bestehens acht Studioalben veröffentlicht. Acht Mal (im Schnitt) 16 Songs, die allesamt hörbar (naja, bis auf ganz wenige Ausnahmen) sind. Mein liebstes Lied war und ist „Fernando” – das war er damals, weil es die erste Single war auf der endlich einmal Anni-frid eine Single singen durfte, die ich immer souveräner fand als Agnetha (und übrigens auch ihre Stimme spektakulärer). Aber es ist einfach ein wunderschöner Song, der immer passt – denn es ist leider immer überall Krieg auf dieser Welt. „My Move My Life” wäre dann aber doch der noch bessere ruhige Beerdigungssong von denen.

Nun will ich aber auf meiner Beerdigung gar nicht so sehr traurige Lieder spielen lassen. Das Bild von Leuten in der Kapelle oder im Kreamatorium oder wie das auch immer bis dahin gestaltet würde, die tanzen und mitsingen, das fänd' ich einhundertmillionen Mal schöner als wenn alle Buddies in Gedanken versunken da vor sich hin sitzen. Und frieren. In diesen Räumlichkeiten ist es ja immer kalt, ein bisschen Bewegung schadet da nicht.

Für diesen Plan sind Songs wie „Suspicious Minds” nicht so optimal, „Fernando” mal so richtig suboptimal. Und … naja … „Dancing Queen” geht nicht. Fand ich immer überhypt, netter Song aber ist ja schon von einer Hochzeit besetzt. „So Long” ist ein großartiger Uptempo-Song. Aber dann doch nicht mein Abba-Song.

Und schon schlägt die angeborene Unentschiedenheit meines Sternzeichnes Waage in voller Länge zu. Würde es nach mir gehen, könnte man auch alle Studioalben von denen komplett durchspielen. Der Stimmung wegen. Aber das wäre dann wohl die längste Trauerfeier auf dem hiesigen Breitengrad. Andererseits: eine Beerdigungsgesellschaft mit Perücke, in Schlaghosen oder Minirock mit viel Glitzer und Plateaustiefeln? Beerdigungshappening als Abba-Party?

Der dritte Song darf etwas sein von entweder Depeche Mode oder The Young Gods, Placebo oder Tool. Oder Wolfsheim, ich liebe die Stimme von Peter Heppner. Mein Lieblingssong ist durchaus „This Time” – aber der Song ist ja nun von vorne bis hinten Tod und Abschied und so dermaßen nicht tanzbar. Schwierig. (Aber ein tolles Lied!) Lustig wäre ja, stellen wir uns vor, mein Tod würde durch simples Ersaufen konsequent durchgesetzt werden – dann könnte man „Die Flut” spielen, dann hätte ich Heppner und Joachim Witt dabei (ich liebte auch das Video zum Song sehr!) Das wäre doch ganz großes Kino oder? (Naja, also mein Humor wäre das schon sehr.) Dummerweise ist „Die Flut” nicht wirklich tanzbar. Und eher depressiv machend. Also vielleicht besser nicht ertrinken.

Das wird auch noch mal richtig schwierig. (Wirklich, die Koma-Musikliste ist viel einfacher.)

Die andere Frage, die könnte die Entscheidung natürlich vereinfachen, wie viele Lieder könnte man auf auf so einem Event spielen? Heutzutage werden solche Abschiede ja auch nur noch schnell schnell absolviert, man will sich mit dem traurigen Gedöns nicht lange aufhalten müssen. Und der Kaffee ruft auch. (Wenn ich älter würde, bei einigen Herren wohl auch die quälende Prostata.) Könnte man sich nämlich für jede Dekade einen Song aussuchen, das wäre bonfortionös und würde in der Auswahl einiges vereinfachen.

Keine Klassik. Ich liebe Klassik, finde das aber als Thema auf Beerdigungen echt durch zelebriert, von hinten nach vorne und von oben nach unten. Bach, dieser arme Gassenhauer aller Beerdigungsevents – ob der das so für seine Musik gewollt hatte?

Ihr seht also, es ist alles gar nicht so leicht. Und wie schnell wird das falsche Lied auf Eurer Beerdigung gespielt (womöglich noch als billige Cover-Konserve)? Man kann nie früh genug mit der Planung anfangen!

5 Kommentare:

duotonal hat gesagt…

Das Thema Beerdigung finde ich durchaus interessant, allerdings ist eine Playlist dann doch das, was mich am wenigsten interessiert. ich glaube, Beerdigungen sind für die Hinterbliebenen. Und die haben vielleicht ganz andere Vorstellungen davon, was für mich/mein Leben passend gewesen wäre, oder was zur Situation passt.

Ich bin sicher, mein Partner, so er mich denn (wahrscheinlich) überlebt, wüsste, was ich bevorzugen würde. was mich an meiner eigenen Beerdigung interessiert ist maximal die Art der Beisetzung. Und ja, das zu planen, darüber sollte ich wohl wirklich mal nachdenken und damit anfangen.

creezy hat gesagt…

@duotonal
Ich sehe das ein bisschen anders. Im Grunde wird das meine letzte Party sein. Und ich möchte – Stand jetzt – dass ich ein Stück weit mit anwesend sein kann und das kann ich dadurch, dass ich mich über die Musik mitteile, die ich liebte.

Das „Partner wüsste …” funktioniert leider genauso nicht. Ich habe die Erfahrung gemacht, mehrmals, wenn es soweit ist, dann sind die Leute so in der Trauer (manchmal ist ja man auch über den plötzlichen Tod so geschockt), dass die sich gar nicht erinnern können was der Verstorbene „sich wünschte”. Und alles was irgendwo schriftlich leicht zugänglich hinterlegt wird, macht den Leuten es in dem Moment der ersten Trauer leichter.

Spontiv hat gesagt…

Hm, ich finde den Gedankengang ja nachvollziehbar. Beerdigungen sind etwas für die Lebenden - aber sollen auch ein letztes Gedächtnis für den Verstorbenen sein. Nur in dem Moment wenn es gebraucht wird wissen die Lebenden wenig über den Verstorbenen

Bei der Beerdigung meiner Mutter konnte ich drei Musikstücke auswählen, das ist glaublich die maximale Anzahl. Und es gab (glaube ich) Einschränkungen: HumbatumbatätäräMusik und Heavy Metal waren hier zumindest nicht gewünscht.

Fischer hat gesagt…

Ich hab auch so ne Liste. Die spannende Frage ist, ob ich mit Manowar durchkomm...

creezy hat gesagt…

@Spontiv
Für mich sind Beerdigungen die letzte Party zusammen. Und mich haben die letzten Beerdigungen, auf denen die Verstorbenen irgendwie so gar nicht gewürdigt worden sind, sehr nachdenklich gestimmt. Zumal da Leute anwesende waren – und nicht zu knapp. Es hätte Es waren also keine alten Leute, die niemanden mehr hinterlassen haben.

Naja, maximale Anzahl. Man hat im Schnitt eine Stunde für die Trauerfeier auf dem Friedhof. Die kann man füllen. Und wenn der Friedhof Metall nicht wünscht – tsja, ich sag's mal so: hier in Berlin sind sie für jeden „Gast” dankbar. Die Toten werden hier weniger, die Friedhofsverwaltungen werden zunehmend offener. Zur Not kann man die Feiern ja in einem privaten Raum abhalten. Insbesondere bei Urnenbestattungen.

@Fischer
Also ich bin dafür! Es ist Deine Musik und ja, würde ich eine Rede auf Dich halten, kämen Katzen und Wacken darin durchaus vor! :-)

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