2016-08-01

Wenn Menschen fragen …

thurweg schreibt im Blog „Demenz für Anfänger”, dass sie immer wieder gefragt würde, warum sie überhaupt bloggen würde und über die demente Oma schreiben würde. Und sie schreibt dann: Ich gebe mir bei dieser Frage Mühe, keinen Wutausbruch zu kriegen.

Das verstehe ich nun allerdings nicht, warum so eine Frage überhaupt ein Grund ist, einen Wutausbruch zu bekommen?

Viele Menschen verstehen die Welt des Bloggens und seine Technik nicht. Sie ist ihnen nicht nahe, um dieser Welt näher zu kommen, sie zu verstehen, fragen sie nach. Daran ist nichts Schlimmes, ganz im Gegenteil.

Vielen Menschen ist nicht verständlich, warum andere Menschen mit intimen Gedanken und Erleben in eine – für sie eventuell als so empfundene anonyme Welt – nach draußen gehen, sich mitteilen. Umso besser, wenn sie dann nachfragen und man ihnen es erläutern kann.

Ich hatte in der vergangenen Woche aus organisatorischen Gründen im neuen therapeutischen Treffpunkt (Ihr wisst schon, der PGL, Plan für Glück und Lebensfreude, hier Stichpunkt: Gesundheit) zwei Gesprächsstunden hintereinander. Und natürlich hatte ich davon erzählt, von dem Suizid, der mir so nahe gegangen ist, von meinem Text, der für mich ein Stück weit im Schreiben therapeutisch war – und vielleicht bei denen, die ihn gelesen haben, etwas bewegt hatte. Und so kamen wir auf dieses Bloggen, auf die Szene zu sprechen.

Wir sprachen (meine Gesprächspartnerin ist, was diese Medien anbelangt – wie sie selbst zugibt – ganz unbedarft) fast eine Stunde lang darüber, was dieses Bloggen für mich bedeutet, was ich damit erlebe, immer wieder. Wie gut es mir tut, Dinge, die mich bewegen in Wort und Bild rausfließen zu lassen. Wie mich Bestätigung weiter trägt, die Fürsorge, die einen in der Blogszene oft umfängt, das Verständnis. Die kleinsten Zeichen für Trost. Das Hinterfragen, das einen oft aus einer gedanklichen oder emotionalen Misere holen kann. Einfach weil jemand so zeigt, dass man da ist für den anderen und Interesse an dessen Wohlergehen hat. Wie sehr mir durch das Bloggen in allerdunkelsten Stunden geholfen wurde von mir völlig unbekannten (oder mittlerweile auch bekannten) tollen Menschen. Wie gut es tut, Zuspruch zu erfahren, wenn Menschen ihre Erfahrungen mit mir teilen, mir das Gefühl geben mit meinem Schmerz, meinen Sorgen – aber eben auch mit meinen Freuden – nicht alleine zu sein.

So traurig ich in dieses Gespräch gegangen bin, so anstrengend die zwei Stunden auch waren, so froh und wieder einmal in der Überzeugung reich beschenkt zu sein durch dieses „Bloggen” (und meinem Talent, die Dinge aufschreiben zu können) bin ich dann aus diesem Gespräch heraus gegangen. Manchmal nimmt man im Lesen, manchmal gibt man im Schreiben. Das ist die hohe schöne Kunst des Bloggens. Und mir ist dadurch wieder einmal klar geworden, wie reich beschenkt wir Blogger uns doch fühlen können. Ich war in diesem Moment jedenfalls sehr glücklich. Mir ist es wieder einmal klar geworden und dadurch einiges wieder leichter geworden.

Meine Gesprächspartnerin war im übrigen sehr fasziniert und positiv überrascht von dem, was ich ihr aus zehn Jahren Blogerfahrung erzählen konnte. Es sind ja auch die persönlichen Treffen, diese re:publicas, barcamps oder anderen Bloggertreffen, die uns so viel sozialen Halt geben. Echte, tiefe Freundschaften, die entstanden sind. Sie hatte verstanden, dass Bloggen eben keine reine virtuelle Sache bleiben muss.

Das kann nicht jeder verstehen. Wer dem Thema Blog nicht nahe steht, schon mal gar nicht. Noch einmal: Wie gut, wenn diese Personen nachfragen.

Es ist aber nun wirklich kein Grund deswegen wütend zu werden.

2 Kommentare:

trippmadam hat gesagt…

Wann wird man wütend? Wenn einem etwas sehr nahe geht und man nicht so richtig damit umgehen kann? Ich glaube, da hat jede ihre eigene Toleranzgrenze und jede springt auf etwas anderes an. Wut muss man nicht verstehen. Was für die eine nur eine Kleinigkeit ist, mag die andere zutiefst verletzen. Wir stecken nicht drin.

creezy hat gesagt…

@trippmadam
Wohl wahr, aber wenn wir jetzt nur bei den Fragen schon wütend werden – wie soll es dann bitte schön weitergehen mit unserer Kommunikation?

Niemand sollte Angst haben müssen, Fragen zu stellen.

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Fröhlich sein, freundlich bleiben und bitte immer gesund wieder kommen!